JOHANNES LANDSCHAUER
Ein Auge für Motive
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TUTORIAL ZEITRAFFER

Zeitraffer bei Vollmond erstellen
Seit einiger Zeit fasziniert es mich Zeitraffer zu erstellen, am liebsten fotografiere ich Zeitraffen mit Tag-/ Nachtübergängen. Um die Sache noch spannender zu machen, bevorzuge ich Zeitraffer vom aufgehenden Vollmond zu fotografieren, wobei ich mit der Aufnahme bereits beginne bevor der Mond sichtbar ist. Das klingt einfach, erfordert allerdings eine gute Vorbereitung und Planung sowie Wetterglück. Denn, wenn die Kamera läuft und der Mond geht nicht dort auf, wo es geplant war, bekommt man nicht den Zeitraffer, den man erwartet hat. Welche Ausrüstung verwende ich: DSLR- oder Systemkamera, stabiles Stativ und in der Kamera integrierter Timerfunktion oder externer Fernauslöser mit Timerfunktion, eventuell ein Zusatz-Akku und genügend Speicherplatz. Was ist bei Mondzeitraffern zu beachten und wie geht man dabei vor: Den Zeitraffer kann man entweder mit kurzer Brennweite oder mit einem Teleobjektiv machen. Verwendet man ein Weitwinkelobjektiv wird der Mond je nach Brennweite nur als kleine weiße Kugel dargestellt - hier ist es einfacher den passenden Standort zu wählen. Bei längerer Brennweite (mehr als 100mm), kann man schon deutliche Strukturen vom Mond erkennen, es ist allerdings eine genaue Planung des Standortes erforderlich, da ja der Bildausschnitt deutlich kleiner ist. Planung des Standortes Das Wichtigste ist natürlich zu wissen wann Vollmond ist, um dies zu bestimmen gibt es viele Möglichkeiten. Ich verwende dazu die App Sun Surveyor (IOS, Android) auf meinem Smartphone. Der Sun Surveyor bietet neben Daten für Mondauf- und -untergang auch noch weitere nützliche Funktionen wie Kartenansicht, Liveansicht und viele weitere. Bevorzugt nehme ich Mondaufgänge in der „Blauen Stunde“ auf. Dazu eignet sich meistens (jahreszeitabhängig) der Tag NACH dem eigentlichen Vollmond am besten. Dann ist nämlich zum Zeitpunkt des Mondaufgangs die Sonne bereits 3050 Minuten vorher untergegangen und der Mond hebt sich vor dem noch leicht blauen Himmel deutlich besser, meistens gelb-rötlich ab. Am Tag des Vollmondes ist es noch hell und der Mond erscheint eher blass. Neben Tag und Uhrzeit ist der Azimut (in welcher Richtung geht der Mond auf) wichtig. Der Azimut beschreibt die Ausrichtung von Norden ausgehend, wobei gilt: Norden: 0 Grad bzw. 360 Grad, Osten: 90 Grad; Süden: 180 Grad, Westen: 270 Grad Für eine gute Bildkomposition sollte man auch ein passendes Motiv für den Vordergrund auswählen. Klingt einfach, kann aber seine Tücken haben, denn der Mond geht an einer bestimmten Position auf. Es muss also sowohl das passende Motiv frei abbildbar sein, aber auch die Ausrichtung zum aufgehenden Mond passen. Hat man sein Motiv ausgewählt, kann man mit der genauen Planung des Standortes beginnen. Dazu verwende ich Google Earth Pro. Google Earth Pro ist kostenlos und ist für mich das optimale Tool für die Planung. Eine einfache Anleitung zur Planung mit Google Earth Pro findet ihr im Video. Neben der Planung des Standortes ist auch das Wetter sehr, sehr wichtig. Da der Mond beim Aufgang flach am Horizont erscheint, können hier auch sehr weit entfernte hohe Wolken stören. Sehr hohe Wolken können noch in einer Entfernung von 100 Kilometer stören. Für die Wetterprognosen verwende ich mehrere Wetterdienste: 1. Wetteronline hat eine gute Vorhersage und auch gutes Wetterradar mit Animation und Prognose: https://www.wetteronline.de/ https://www.wetteronline.de/wetterradar?wrx=51,10.5 2. Kachelmannwetter: https://kachelmannwetter.com/at - die Vorhersage „Mitteleuropa Super HD“ bietet eine gute Vorhersage für 3 Tage mit den verschiedensten Parametern wie tiefe, mittlere und hohe Bewölkung. https://kachelmannwetter.com/at/modellkarten/sui-hd/super-hd/bewoelkungsgrad/20200829-1600z.html Weiters kann man auch Parameter wie Taupunkt, Luftfeuchte, bodennahe Temperatur auswählen. Diese sind für Langzeitbelichtungen in der Nacht wichtig, um abschätzen zu können, ob man Gefahr läuft, dass die Objektivlinse beschlägt. Bei einer Serie mit Langzeitbelichtungen vom Sternenhimmel für Sternspuren (knappe 4 Stunden mit 550 Bildern), ist die Kamera ist auf dem Stativ in einer Almwiese relativ tief gestanden. Als ich um 2 Uhr nachts die Serie beendet habe, war das Objektiv komplett mit Tau bedeckt. Ich konnte die Serie dennoch verwenden und die Sterne waren alle noch punktförmig. Wahrscheinlich lag es an der kurzen Brennweite von 20mm, dass die Sterne dennoch scharf abgebildet wurden. Bei Deep Sky Aufnahmen sollte man aber sicherstellen, dass die Linse nicht beschlägt. Gute Informationen zur Wetterfotografie findet man in dem Buch „Fotografieren mit Wind und Wetter“ von Bastian Werner im Rheinwerkverlag. Ein fantastische Buch über Astrofotografie mit zahlreichen Tipps und Beispielen ist „Astrofotografie – Spektakuläre Bilder ohne Spezialausrüstung“ von Katja Seidl im Rheinwerkverlag. Standort prüfen Nach Möglichkeit ist man am Tag vor der Aufnahme vor Ort und erkundet den Standort. Da der Mond nicht jeden Tag an der gleichen Position aufgeht, sollte man sich informieren, zu welchem Zeitpunkt der Mond genau in der Richtung (Azimut) steht, wo er am nächsten Tag aufgeht. Dies ermittelt man am besten mit der Sun Surveyor App. Somit kann man sich am Tag der Aufnahme voll auf die Aufnahmetechnik konzentrieren. Speicherbedarf Um nach der Aufnahme noch Optimierungen und Verbesserungen vornehmen zu können, empfiehlt es sich im RAW-Format zu fotografieren. Dadurch hat man deutlich mehr Möglichkeiten zu Nachbearbeitung. Dementsprechend sollte auch genug freier Speicher für die Aufnahmen verfügbar sein. Ein kleines Beispiel um den Speicherbedarf zu berechnen: Für einen Zeitraffer mit 30 Sekunden Wiedergabe benötig man 750 Bilder. Ein Standard-Video hat pro Sekunde 25 Bilder, das ergibt eben bei 750 Bildern eine Dauer von 30 Sekunden. Bei einer Filegröße von 48 MB für eine RAW-Aufnahme ergibt das einen Speicherbedarf von 36 GB. Einige Kameras haben die Möglichkeit von „komprimiertem“ RAW-Format. Dadurch kann man bis zu 50% Speicherbedarf einsparen. Man sollte aber unbedingt vorher Testaufnahmen im komprimierten RAW-Format auch bei schwachem Licht machen, die Bildqualität überprüfen und danach die Entscheidung treffen: Mehr Speicher und maximale Qualität oder reduzierter Speicher und Einschränkungen in der Qualität. Aufnahme-Intervall und Wiedergabedauer berechnen Die Bestimmung des Sichtfeldes in Abhängigkeit der Brennweite hat Einfluss auf die Aufnahmedauer. Die Ermittlung des Sichtfeldes in Abhängigkeit von der Brennweite kann man mit Photopills (IOS, Android) bestimmen. Da der Mond in einer Stunde um ca. 15 Grad wandert, kann man mit dem Winkel des Sichtfeldes die Dauer bestimmen, wie lange der Mond im Bild sein wird - damit wird dann auch das Aufnahmeintervall berechnet. Beispiel: 50 mm Brennweite Eine Brennweite von 50 mm (Vollformat) ergibt ein horizontales Gesichtsfeld von 39,39 Grad. Demnach hätte man den Mond für ca. 2 Stunden oder 7.200 Sekunden im Bild. Bei 750 Aufnahmen ergibt dies ein Aufnahmeintervall von 9,6 Sekunden, d.h. gerundet 10 Sekunden. Da man zum manuellen Einstellen der Belichtung auch noch mindesten 3 Sekunden zwischen den Aufnahmen planen soll, ergibt sich eine maximale Belichtungszeit von 7 Sekunden. Mit dieser Belichtungszeit werden Oberflächen von Gewässern schon deutlich geglättet und Lichter von nahen Fahrzeugen auch schon als Lichtspuren abgebildet. Weiters ergibt sich aus der 500er-Regel eine Belichtungszeit von 10 Sekunden, um Sterne bzw. Mond noch vertretbar scharf abbilden zu können. Die genaue, von der Auflösung des Sensors abhängige Belichtungszeit für die Abbildung von Sternen als Punkt würde bei 48 Megapixel 2,69 Sekunden betragen. Da aber die Struktur des Mondes mit dieser Brennweite nicht mehr dargestellt wird, kann man die 500er-Regel anwenden. Beispiel: 200 mm Brennweite Eine Brennweite von 200 mm (Vollformat) ergibt ein horizontales Gesichtsfeld von 10,83 Grad. Somit kann man den Mond ca. 44 Minuten fotografieren. Bei einer Brennweite von 200mm ergibt die 500er-Regel eine maximale Belichtungszeit von 1 Sekunde für Sterne als Punkt. In Abhängigkeit von der Sensorgröße und Auflösung (Annahme: Vollformat mit 48 Megapixel) erhält man lt. Photopills-App einen Wert von 0,36 Sekunden. Somit ergibt sich ein Aufnahmeintervall von 3,3 Sekunden (0,3 Sekunden Aufnahme + 3 Sekunden zwischen den Aufnahmen). Somit kann man mit dieser Annahme in den 44 Minuten (44 Minuten * 60 ergibt 2.640 Sekunden / 3,3 Sekunden) 800 Aufnahmen machen. Dies ergibt eine Wiedergabedauer des Zeitraffers bei 25 Bildern pro Sekunde von 32 Sekunden. Aufnahme Eine aktuelle DSLR oder Systemkamera ist mittlerweile auch in der Lage mit hohen ISO-Werten noch ausgezeichnete Bilder zu liefern. Je besser die Lichtempfindlichkeit und das Rauschverhalten der Kamera ist, umso besser. Ein stabiles Stativ ist natürlich Voraussetzung. Früher wurde empfohlen bei Stativaufnahmen den Bildstabilisator zu deaktivieren. Bei Langzeitbelichtungen arbeite ich jedoch mit aktiviertem Bildstabilisator. Beim manuellen Fokussieren mit elektronischem Zoom kann man deutlich erkennen, dass selbst ein stabiles Stativ mit einem Objektiv, das mit der Objektivschelle am Stativ fixiert ist, noch immer nicht 100% schwingungsfrei ist. Deshalb bleibt bei mir der Bildstabilisator aktiv. Die Auslösung erfolgt entweder durch den, in der Kamera integrierten Timer oder durch einen externen Timer. Ich bevorzuge einen externen Timer (Hähnel Captur Time Kit), da ich diesen auch als drahtlosen Fernauslöser verwenden kann. Bei der Aufnahme arbeitet man für Belichtung und Fokus mit dem manuellen Modus. Für die Bestimmung der Schärfentiefe verwende ich die App: Photopills (IOS, Android). Im Weitwinkelbereich wird man versuchen, dass der Mond noch nicht überbelichtet ist, aber das Objekt vor dem Mond sehr wohl noch ausreichend belichtet ist. Es empfiehlt sich im Vorfeld Testaufnahmen in der Nacht bzw. vom Mond zu machen, um die passenden Einstellungen zu ermitteln und die Grenzen der Kamera zu kennen. Verwendet man bei kurzer Brennweite eine lange Belichtungszeit, um Gewässeroberflächen im Zeitraffer zu glätten, sollte man die Belichtungszeit konstant lassen. Mit langen Brennweiten ist die maximale Belichtungszeit der ausschlaggebende Faktor. Man sollte also versuchen, die Anpassungen durch Veränderung des ISO-Werte zu erreichen. Bei meinen Vollmondzeitraffern bevorzuge ich beleuchtete Objekte. Dadurch ist die Anpassung an den Mond und das Objekt deutlich besser und der Mond kann bei korrekter Belichtung noch als gelb-oranger Mond aufgenommen werden. Da die Kamera einige Zeit permanent aktiv ist, empfiehlt es sich auch einen Zusatz-Akku zu verwenden. Manche Kameras bieten die Möglichkeit über einen zusätzlichen Eingang einen Zusatz-Akku anzuschließen. Stelle sicher, dass der Akku gut fixiert ist und nicht durch Schwingungen z.B. am Ladekabel, die Kamera bewegt. Nach einer Aufnahme gebe ich alle Daten (Ort, Datum, Uhrzeit mit Beginn & Ende, Intervall, Brennweite, Blende, Belichtungszeit, Iso-Wert, Anzahl Bilder, Datengröße, RAW- Format komprimiert oder unkomprimiert) in eine Excel-Tabelle. Dies hilft mir die Kameraeinstellungen für meinen nächsten Zeitraffer zu planen. Zeitraffer erstellen Für die Erstellung des Zeitraffers verwende ich die PC-Software LRTimelapse von Gunther Wegner. LRTimelapse gleicht die, bei der Aufnahme gemachten Belichtungssprünge aus. Mit der integrierten Deflicker-Funktion werden selbst kleine Helligkeitsunterschiede ausgeglichen. LRTimelaspe markiert die sogenannten Keyframes, um diese dann in Adobe- Lightroom zu optimieren. Anschließend werden die Änderungen wieder in LRTimelapse eingelesen und die Bilder für den Zeitraffer neu berechnet. LRTimelapse ist speziell zur Erstellung von Zeitraffern mit Tag- Nachtübergängen konzipiert. Das Zusammenspiel von LRTimelapse und Adobe-Lightroom finde ich genial. Genau genommen bin ich durch einen Workshop von Gunther Wegner über LRTimelapse auf den Geschmack gekommen, Zeitraffer mit Tag- Nachtübergängen zu machen. Mittlerweile macht es mächtig Spaß und ich habe schon einige Zeitraffer mit Vollmondaufgängen umgesetzt. Meine dabei gemachten Erfahrungen teile ich gerne mit Interessierten. Ausstattung, Tipps & Links DSLR oder Systemkamera Timer (in Kamera integriert oder extern) stabiles Stativ Zusatz-Akku Genügend Speicherplatz auf der Karte Aufnahmeformat: RAW Daten am besten in einer Liste dokumentieren Sun Surveyor https://apps.apple.com/at/app/sun-surveyor-sonnenvermesser/id525176875 https://play.google.com/store/apps/details?id=com.ratana.sunsurveyor&hl=de_AT Google Earth Pro: https://www.google.com/intl/de/earth/versions/ Planung des Standortes: Video: https://youtube/6d37sQifK4s Photopills: https://apps.apple.com/de/app/photopills/id596026805 https://play.google.com/store/apps/details?id=com.photopills.android.photopills&hl=de_A Gunther Wegner: https://gwegner.de/zeitraffer/lrtimelapse/ LRTimelapse: https://lrtimelapse.com/de/?v=fa868488740a Hähnel: https://www.haehnel-foto.de%2Fremote-controls-dslr Bücher: Fotografieren mit Wind und Wetter, Bastian Werner; Rheinwerkverlag Astrofotografie – Spektakuläre Bilder ohne Spezialausrüstung, von Katja Seidl; Rheinwerkverlag